Jan-Egbert Sturm, Ernst Fehr und Bruno S. Frey stehen auf dem Podest des diesjährigen Ökonomen-Rankings der NZZ. (Bild: Gaetan Bally / Keystone, Christoph Ruckstuhl / NZZ, Andreas Bodmer / NZZ)

Jan-Egbert Sturm, Ernst Fehr und Bruno S. Frey stehen auf dem Podest des diesjährigen Ökonomen-Rankings der NZZ. (Bild: Gaetan Bally / Keystone, Christoph Ruckstuhl / NZZ, Andreas Bodmer / NZZ)

Welche Ökonomen in der Schweiz den Ton angeben

Die meisten Ökonomen-Rankings betrachten nur die Forschungsleistung. Um hingegen in der Rangliste der NZZ zu bestehen, müssen Wirtschaftsforscher auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Jürg Müller
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Startups sollten Komplexität beherrschen, aber Einfachheit liefern, hiess es jüngst an einer Veranstaltung für Jungunternehmer in Zürich. Ökonomen dürfen sich diesen Ratschlag ebenfalls zu Herzen nehmen. Wirtschaftspolitische Ideen haben schliesslich nur dann eine Chance auf Verwirklichung, wenn sie in der Gesellschaft auch verstanden und wahrgenommen werden. Das «Ökonomen-Einfluss-Ranking» der NZZ stellt deshalb nicht nur auf die Forschungsleistung ab, sondern berücksichtigt explizit auch die Medienpräsenz und den Einfluss auf die Politik.

Spitzenplatz unangefochten

An der Spitze liegt auch 2015 wieder Ernst Fehr. Der an der Universität Zürich lehrende Österreicher punktet besonders mit seinen wissenschaftlichen Leistungen im Gebiet der Verhaltensökonomie. Während Fehr in den Medien durchaus zitiert wird, nimmt man ihn in der Politik eher weniger wahr. Auf dem zweiten Platz hat Jan-Egbert Sturm den Freiburger Professor Reiner Eichenberger verdrängt. Sturm, der die Konjunkturforschungsstelle an der ETH Zürich leitet, hat sich bei der Medienpräsenz massiv gesteigert. Die Bronzemedaille sicherte sich schliesslich auch dieses Jahr Bruno S. Frey. Wie Fehr weist Frey ein markantes akademisches Profil auf; er hat sich ebenfalls im Gebiet der Verhaltensökonomie hervorgetan und zudem wegweisende Beiträge zur politischen Ökonomie und zur Glücksforschung verfasst.

In die Top 20 der Schweiz haben es dieses Jahr gleich sieben Ökonomen geschafft, die in Deutschland forschen und lehren. Hans-Werner Sinn ist dabei der Bestplacierte. Er erreichte im Vorjahr bereits den siebten Platz, nun belegt er gar Rang fünf. Grund dafür dürfte die Euro-Krise sein, zu der sich Sinn wiederholt prononciert geäussert hat.

Blick hinter die Kulissen

Neben der Gesamtwertung ist natürlich besonders interessant, wie sich die öffentliche Wahrnehmung der Ökonomen verändert hat. Die Aufschlüsselung der Resultate bei der Medienpräsenz ist hierzu aufschlussreich. Würde man die wissenschaftliche Leistung nicht als Bedingung für die Aufnahme ins endgültige Ranking nehmen, würden Verbands- und Firmenökonomen besser abschneiden. So äusserte sich Daniel Lampart vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) oft zum Arbeitsmarkt und Daniel Kalt von der UBS zu den Finanzmärkten. Lampart und Kalt seien darüber hinaus in diesem Jahr besonders im Hinblick auf Themen rund um die Aufhebung des Euro-Mindestkurses gefragt gewesen, erläutert Tobias Thomas, Forschungsdirektor von Media Tenor.

Aus Sicht der Wirtschaft enttäuscht, dass Rudolf Minsch als einziger Vertreter von Economiesuisse nur halb so oft in den Medien zitiert wird wie sein Pendant vom SGB. Der Einfluss des Wirtschaftsdachverbands hat jüngst gelitten. Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer will deshalb wieder vermehrt den Dialog mit der Bevölkerung suchen. Dabei dürfte wie für Jungunternehmer und Ökonomen gelten: Die komplexen wirtschaftlichen Zusammenhänge müssen so einfach wie möglich erklärt werden.

Welche Ökonomen dieses Jahr zu den Gewinnern zählen und wer an Boden verloren hat, kann hier nachgelesen werden. Zudem werden alle Ranglisten für die Schweiz und ein Überblick zu den Resultaten in den Nachbarländern angeboten.

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